Bildung und Teilhabe nur Schwindel?

Familie (c) sophieja23 / pixabay.de

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Für eine Mitarbeiterin eines Familienservices-Kunden haben wir uns intensiv mit der Fahrtkostenerstattung im Rahmen von Bildung und Teilhabe des Bundes beschäftigen müssen. Ganz erstaunlich, aber es sieht nach zahlreichen Gesprächen mit dem Bundesfamilienministerium und dem Landessozialminsteriums so aus, als ob die Wahrscheinlichkeit, dass ein schulpflichtiges Kind eines Arbeitslosengeldempfängers aber auch eines Wohngeldempfängers, einen Ersatz der Fahrtkosten zu erhalten, praktisch bei 0 Prozent liegt.

Hintergrund:

Rückwirkend zum 1.01.2011 startete das Bildungs- und Teilhabepaket. Für alle, die jetzt hier schon Fragezeichen im Kopf haben, sei uns redaktionell der Hinweis auf die Seiten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gestattet. Hier werden die Einzelheiten zusammengefasst. Für alle anderen haben wir die Never Ending Story rund Bildung und Teilhabe bzw. am gesellschaftlichen Leben nochmal mit der Lupe beleuchtet. Der Teufel steckt nämlich im Detail:

„Jetzt können auch Laura, Niklas, Tobi und Julia mitmachen“ so titelt die 16-seitige Broschüre des BMAS und verweist auf die vielfältigen Möglichkeiten, die sich mit dem Bildungs- und Teilhabepaket ergeben. Was Laura, Niklas, Tobi und Julia nicht wissen, ist, dass jede einzelne Kommune wiederum schon diverse Regelungen zur Förderung für Menschen mit geringeren Einkommen hat.

Nicht so einfach mit dem Beantragen

So bietet die eine Kommune schon seit Jahren die Ermäßigung für das Mittagessen. Eine andere gewährt Nachlass bei Kursen und Eintrittsgeldern und wieder andere Stellen spezielle Fahrpreisermäßigungen für ÖPNV zur Verfügung. Weil die eigentliche Leistung bereits im „Regelbedarf“ (nach SGB II) enthalten ist, kommt es in vielen Kommunen zusätzlich zur Ablehnung von Anträgen. So verhält es sich z.B. mit den Fahrtkosten. Laut BMAS Broschüre lautet der Absatz zu den Fahrtkosten wie folgt:

„Einen Zuschuss zur Schülerbeförderung bekommen Schülerinnen und Schüler, die die nächstgelegene weiterführende Schule besuchen und die auf den Bus oder Zug angewiesen sind, wenn deren Kosten niemand anderes übernimmt und diese nicht aus dem Regelbedarf bestritten werden können. Im wesentlichen betrifft dies Schülerinnen und Schüler  der Sekundarstufe 2 (z. b. gymnasiale Oberstufe). Wenn ihr Kind die Monatskarte auch privat nutzen kann, zahlen sie einen Eigenanteil. „

Fahrtkosten stecken schon im Regelbedarf

Was da nicht steht, erfährt Kind bei Antragsstellung beim zuständigen Sozialamt oder dem Jobcenter. Im Regelbedarf (Leistungen nach dem SGB II) ist ein Anteil für Fahrtkosten in Höhe von 14 Euro bereits enthalten. Außerdem werden Wohngeldempfänger und auch Empfänger von Kinderzuschlag praktisch bei der Berechnung einem Empfänger von SGB II gleichgesetzt – d.h. im Klartext gibt es nur einen Zuschuss, wenn der Regelbedarf von 14 Euro je Monat für eine Fahrkarte für Schüler überschritten wird und diese außerdem ausschließlich auf Fahrten zur Schule und zurück begrenzt ist. In jedem Fall können „Laura, Niklas, Tobi und Julia“ und auch alle anderen Kinder hier nicht von den Regelungen des Bildungs- und Teilhabepaketes profitieren. Somit scheint also der Zusatz zur Erhöhung des Existenzminimums für Kinder in den ärmsten Familien unseres Landes ein Marketing Gag zu sein.

 

Paragrafen:

§ 6b Abs 1 und 2 Bundeskindergeldgesetz (BKGG)

§28 Abs. 1 und 4 Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB 2)

§29 Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB 2)

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